Quelle: |
Finanzgericht des Saarlandes |
Art des Dokuments: | Gerichtsbescheid |
Datum: | 05.08.2002 |
Aktenzeichen: | 1 K 331/02 |
Schlagzeile: |
Nachträgliche Schuldzinsen können Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein
Schlagworte: |
Bürgschaft, Darlehen, Finanzierung, Kapitaleinkünfte, Wesentliche Beteiligung, Zinsen
Wichtig für: |
GmbH-Gesellschafter, Kapitalanleger
Kurzkommentar: |
Sichert ein wesentlich beteiligter GmbH-Gesellschafter eine Verbindlichkeit der GmbH durch eine Bürgschaft ab und wird er nach Auflösung der GmbH aus dieser Bürgschaft in Anspruch genommen, sind bei Fremdfinanzierung der Inanspruchnahme des Gesellschafters wegen fehlender liquider Mittel die entstehenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig.
Hintergrund: Die saarländischen Finanzrichter weichen mit ihrem Urteil zu Gunsten der Steuerzahler von der ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ab. Das oberste deutsche Steuergericht vertritt die Auffassung, dass nachträgliche Schuldzinsen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftserzielung stehen müssen. Dieser Zusammenhang müsse noch in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem die Zinsen entstünden. Dies sei aber nach Beendigung der Einkunftserzielung nicht mehr möglich. In der Literatur stößt diese Ansicht seit vielen Jahren auf Kritik.
Die Finanzrichter argumentieren stattdessen: Übernimmt ein Gesellschafter eine Bürgschaft, um mittels der Gesellschaft Einkünfte zu erzielen, ist die Absicht zur Einkunftserzielung objektiv feststellbar. Wird nun diese Gesellschaft ungewollt, nämlich durch Konkurs oder Insolvenz, aufgelöst, so handelt es sich aus Sicht des Steuerpflichtigen um vergebliche Aufwendungen. Er hat die Bürgschaft in einer wirtschaftlichen Absicht übernommen, die nicht von Erfolg gekrönt wurde. Durch die Auflösung der Gesellschaft erzielt er keine Einkünfte mehr, jedoch fallen die Schuldzinsen aus der Refinanzierung der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft nur aufgrund seiner Einkunftserzielungsabsicht an.
Das Urteil des Finanzgerichts ist nicht rechtskräftig. Unter dem Aktenzeichen VIII R 64/02 ist beim Bundesfinanzhof folgende Rechtsfrage anhängig: Darf der wesentlich beteiligte (ehemalige) Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Zinsen für ein Darlehen zur Finanzierung von Bürgschaftsaufwendungen als nachträgliche Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften abziehen, wenn er nach der wegen Vermögenslosigkeit erfolgten Löschung der GmbH aus den für die Gesellschaft übernommenen Bürgschaften in Anspruch genommen worden ist (gegen ständige BFH-Rechtsprechung)?