Willkommen
Aktuelle Urteile
Suche nach
Steuer-Urteile
Aktuelle
BMF-Schreiben
Suche nach Gericht
Festgeldrechner
Tagesgeldrechner
Hypothekenrechner
Impressum
Nutzungsbedingungen




Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 14.07.1988
Aktenzeichen: IV R 57/87

Schlagzeile:

Betriebliche Veranlassung der Aufwendungen für die Teilnahme an einem Symposium auf einem Passagierfährschiff während einer Ostseefahrt

Schlagworte:

Fortbildung, Kongress, Steuerberater, Symposium, Tagung

Wichtig für:

Alle Steuerzahler

Kurzkommentar:

Aufwendungen eines Steuerberaters für die Teilnahme an einem Steuerberater-Symposium, das auf einem Passagierfährschiff während einer Ostseefahrt stattfindet, sind nur insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als es sich um die Seminargebühren handelt.

Für die Beurteilung der Frage, ob für die Reise in nicht unerheblichem Umfang Gründe der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, kommt es in erster Linie auf den Zweck dieser Reise an.

Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer betrieblicher (beruflicher) Anlaß zugrunde liegt (wie etwa das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrages auf einem Fachkongreß oder die Durchführung eines Forschungsauftrags), sind in aller Regel ausschließlich der betrieblichen (beruflichen) Sphäre zuzurechnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden. Bei solchen Reisen tritt die Bedeutung von privaten Unternehmungen regelmäßig in den Hintergrund.

Anders dagegen sind Auslandsreisen zu beurteilen, denen ein solcher konkreter Bezug zur betrieblichen (beruflichen) Tätigkeit fehlt. Hierher gehören insbesondere Reisen zu Informationszwecken (Gruppenreisen zu Studienzwecken, Kongreßreisen). Wegen des Fehlens eines unmittelbaren betrieblichen Anlasses spielen bei dieser Art von Reisen häufig auch nichtbetriebliche (private) Interessen an der Durchführung der Reise eine Rolle. Nach der Rechtsprechung des BFH müssen in derartigen Fällen die Beurteilungsmerkmale, die jeweils für eine private oder betriebliche (berufliche) Veranlassung der Reise sprechen, gegeneinander abgewogen werden (vgl. insbesondere BFHE 126, 533, BStBl 1979 II S. 213). In diesem Zusammenhang kann es z.B. auf die Art der dargebotenen Information, den Teilnehmerkreis, die Reiseroute und den Charakter der aufgesuchten Orte als beliebte Ziele des Tourismus, die fachliche Organisation, die Gestaltung der Wochenenden und Feiertage sowie die Art des benutzten Beförderungsmittels ankommen.

Hintergrund: Fünf Steuerberater nahmen in der Zeit vom 10. bis 13. März 1983 an einem Steuerberater-Symposium auf der Fähre „Finnjet” teil. Es handelt sich bei dieser Fähre um ein komfortables Passagierfährschiff, das regelmäßig zwischen Travemünde und Helsinki verkehrt. Nach Auskunft des Reiseveranstalters lief die „Finnjet” am Donnerstag, dem 10. März 1983, um 20.00 Uhr aus Travemünde aus. Am Freitag, dem 11. März 1983, begann das Seminar um 9.00 Uhr; es dauerte - von Kaffeepausen und einem Mittagessen unterbrochen - bis 17.00 Uhr. Am Samstag, dem 12. März 1983, fand vormittags eine Stadtrundfahrt durch Helsinki statt; von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr folgte wiederum ein Seminar. Am Sonntag, dem 13. März 1983, fanden Seminarveranstaltungen - unterbrochen durch eine Kaffeepause und ein Mittagessen - zwischen 9.00 Uhr und 15.30 Uhr statt; um 17.00 Uhr kam die „Finnjet” in Travemünde an. Themen der Seminarveranstaltungen waren „Aktuelle Entwicklungen im Körperschaftsteuerrecht”, „Die neue Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Einkommensteuer”, „Steuerfragen aus dem Arbeitnehmerbereich”, „Familienrechtliche Vorgänge im Steuerrecht” und „Diskussion zu Einzelthemen, Hörerfragen”. Die Teilnahme der Steuerberater an diesen Veranstaltungen wurde bescheinigt; sie ist außerdem durch die Zeugenaussage des Geschäftsführers des Verbandes der steuerberatenden Berufe in Niedersachsen bestätigt worden.

Im Streitfall war die von den Steuerberatern unternommene Reise wegen der im Verlauf der Reise gebotenen steuerrechtlichen Seminarveranstaltungen zwar betrieblich veranlasst, gleichwohl aber nach den besonderen Umständen der Reise in nicht unerheblichem Umfang auch von privaten Motiven beeinflusst. Dass den Reiseteilnehmern neben den Fachveranstaltungen auch Erholung, Vergnügen und persönliches Erleben geboten wurde, geht nach Auffassung der BFH-Richter schon daraus hervor, dass das Steuerberater-Symposium auf einem mit entsprechenden Freizeiteinrichtungen versehenen Passagierschiff stattfand und mit einer Seereise verbunden war, der in der Reisebranche an sich schon ein hoher Freizeitwert zuerkannt wird. Wie sich aus dem zeitlichen Umfang des Fachprogramms ergibt, hatten die Tagungsteilnehmer ausreichend Gelegenheit, von den an Bord der „Finnjet” gebotenen Freizeitmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Angesichts der nur verhältnismäßig kurzen Reisedauer kommt dabei auch dem halbtägigen Landausflug nach Helsinki, der ausschließlich privaten Charakter hatte, eine erhebliche Bedeutung zu; bei kurzen Reisen, die sich über das Wochenende erstrecken, sind derartige Privatveranstaltungen als Indiz für eine private Mitveranlassung der Reise zu werten. Da die private Mitveranlassung der Reise hiernach nicht ganz unbedeutend war, können die Reiseaufwendungen nach dem BFH-Urteil nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

zur Suche nach Steuer-Urteilen