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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 19.01.2000
Aktenzeichen: I R 94/97

Schlagzeile:

Kein Gestaltungsmissbrauch durch sog. Outsourcing in eine Kapitalanlagegesellschaft in den "Dublin-Docks"

Schlagworte:

Dublin-Docks, Gestaltungsmissbrauch, Outsourcing, Steuerdumping, Steuersystem

Wichtig für:

Alle Steuerzahler

Kurzkommentar:

Die Beteiligung einer inländischen Kapitalgesellschaft an einer Kapitalanlagegesellschaft im niedrig besteuerten Ausland (hier: an einer gemeinschaftsrechtlich geförderten sog. IFSC-Gesellschaft in den irischen Dublin Docks) ist jedenfalls nicht deshalb gemäß § 42 AO 1977 rechtsmissbräuchlich, weil die Abwicklung der Wertpapiergeschäfte im Ausland durch eine Managementgesellschaft erfolgt.

Einkünfte aus Dividenden werden nach Art. XXII Abs. 2 Buchst. a DBA-Irland nur dann von der deutschen Steuer freigestellt, wenn die Dividenden von einer irischen company limited by shares ausgeschüttet werden.

Hintergrund: Der BFH hat eine Grundsatzentscheidung zum sog. Steuerdumping innerhalb der Europäischen Gemeinschaften getroffen.

1987 errichtete Irland im ehemaligen Hafengebiet von Dublin (Custom House Docks Area) ein Zentrum für internationale Finanzdienstleistungen (International Financial Service Centre - IFSC). Ziel dieses Zentrums ist es, Irland für internationales Investitionskapital ausländischer Unternehmen attraktiv zu machen, dadurch neue qualifizierte Arbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung zu schaffen und der strukturellen Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Zur Förderung dieser Ziele gewährt Irland den IFSC-Unternehmen an Stelle der regulären Steuerbelastung (mit 36 Prozent bis 1997 und derzeit 28 Prozent) eine zeitlich befristete Ermäßigung des Körperschaftsteuersatzes auf 10 Prozent sowie zusätzliche Abschreibungsvorteile. Voraussetzung, um in den Genuss der Steuervorteile zu gelangen, ist die Erteilung eines speziellen Zertifikats durch das irische Finanzministerium.

Diese steuerlichen Vergünstigungen, insbesondere die Körperschaftsteuerermäßigung, stellen staatliche Beihilfen im Sinne von Art 87 ff. des EG-Vertrags dar. Sie bedurften deswegen der Genehmigung durch die EU-Kommission. Die Genehmigung aus dem Jahr 1987 war zunächst auf drei Jahre beschränkt; sie wurde zwischenzeitlich mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 31. Dezember 2005, für IFSC-Gesellschaften, die ab Juli 1998 gegründet wurden, lediglich bis Ende 2002. Die Kritik der anderen EU-Mitgliedstaaten an den Fördermaßnahmen führte am 1. Dezember 1997 zur Verabschiedung des EU-Verhaltenskodexes. Die Republik Irland hat sich im Juli 1998 mit der EU-Kommission darauf verständigt, den allgemeinen Körperschaftsteuersatz bis zum 1. Januar 2003 schrittweise auf 12,5 Prozent zu senken und diesen Steuersatz ab dem Jahr 2006 auch auf IFSC-Gesellschaften anzuwenden.

Vor dem Hintergrund dieser als "Steuerdumping" oder "Wettbewerb der Steuersysteme" bezeichneten Situation ging es in dem vom BFH entschiedenen Fall um ein inländisches Presseunternehmen, das sich mit einer Kapitaleinzahlung von rund 60 Mio. DM an einer IFSC-Kapitalgesellschaft zum Zweck der Anlage des eingezahlten Kapitals beteiligte. Die irische Gesellschaft verfügte über keinen eigenen Geschäftsbetrieb, sondern lediglich über einen Vorstand. Ihre Geschäftsführung und Verwaltung wurde einer irischen Managementgesellschaft übertragen. Für die vereinnahmten Erträge aus den Anlagen beanspruchte die Klägerin die Gewährung des Schachtelprivilegs nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland (DBA-Irland) in Verbindung mit § 10 Abs. 5 des Außensteuergesetzes (AStG) und damit die inländische Steuerfreistellung. Das Finanzamt versagte dies. Es sah in der Auslagerung ("Outsourcing") von Kapitaldienstleistungen und Kapitalanlagen und in der Zwischenschaltung der irischen Kapitalanlagegesellschaft einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. von § 42 der Abgabenordnung. Dass die irische Fördermaßnahme seitens der EU-Kommission genehmigt worden ist, widerspreche dem nicht, da das Ertragsteuerrecht innerhalb der EU nicht harmonisiert sei.

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Die irische Kapitalanlagegesellschaft erziele zwar lediglich passive Einkünfte. Dies sei jedoch Folge der Beschränkung ihrer Tätigkeit auf das Kapitalanlagegeschäft. Insofern sei sie nicht wie eine sog. Briefkastenfirma eigenwirtschaftlich funktionslos. Daran ändere der Umstand nichts, dass sie die Ausführung der einzelnen Anlagegeschäfte in wesentlichen Bereichen der Managementgesellschaft überlassen habe. Auch vom AStG würden passiv tätige Kapitalanlagegesellschaften weitgehend akzeptiert und einem Missbrauchsverdikt entzogen. Die Frage, ob für ein derartiges "Outsourcing" von Anlagekapital im niedrig besteuerten Ausland wirtschaftliche, außersteuerliche Gründe maßgeblich waren, stelle sich deshalb nicht. Allerdings komme die Gewährung des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs nach dem DBA-Irland nur für Beteiligungen an einer irischen "company limited by shares" in Betracht.

Der BFH hatte noch zur Rechtslage unter der Geltung des § 10 Abs. 5 AStG bis zu dessen Änderung durch das Steueränderungsgesetz 1992 zu entscheiden. Seitdem bleibt diese Vorschrift gemäß § 10 Abs. 6 AStG unter bestimmten Voraussetzungen für Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften und für daraus erzielte "Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter" unanwendbar mit der Folge, dass sich dann keine inländische Steuerfreistellung ergibt.

Hinweis: Der BFH hat mit Parallelurteil vom gleichen Tag (I R 117/97), das nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen ist, zur Beteiligung eines inländischen Versicherungsunternehmens an einer IFSC-Gesellschaft entschieden.

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