Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 16.10.2002 |
Aktenzeichen: | XI R 75/00 |
Vorinstanz: |
FG Schleswig-Holstein |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 13.09.2000 |
Aktenzeichen: | V 37/99 |
Schlagzeile: |
Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen um 16 Prozent auch in Sonderfällen
Schlagworte: |
Altersvorsorge, Arbeitslohn, Ausland, Bemessungsgrundlage, Höchstbetrag, Krankenversicherung, Kürzung, Pflegeversicherung, Sonderausgabe, Sozialversicherung, Verfassungsmäßigkeit, Verfassungswidrigkeit, Versicherung, Vorsorgeaufwendung, Vorsorgeaufwendungen, Vorwegabzug, Zukunft, Zukunftsicherung
Wichtig für: |
Arbeitnehmer
Kurzkommentar: |
Der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen ist auch dann um 16 Prozent der Summe der Einnahmen aus Arbeitnehmer-Tätigkeit zu kürzen, wenn der Arbeitgeber Leistungen für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers während des Veranlagungszeitraums nur zeitweise erbringt. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber nur Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung leistet.
Hintergrund: Der Vorwegabzug soll insbesondere den selbständig tätigen Steuerpflichtigen einen Ausgleich dafür bieten, dass diese ihre Beiträge zur Zukunftssicherung in vollem Umfang selbst aufbringen müssen, während bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber zur Beitragsleistung kraft Gesetzes verpflichtet ist und der Arbeitgeberanteil nicht vom Arbeitnehmer zu versteuern ist. Das Gesetz räumt zu diesem Zweck allen Steuerpflichtigen einen Vorwegabzug ein, kürzt diesen aber bei Arbeitnehmern um den gesetzlichen Arbeitgeberanteil.
Die Kürzung des Vorwegabzugs setzt nach der BFH-Entscheidung nicht voraus, dass der Arbeitgeber während des gesamten Veranlagungszeitraums Zukunftssicherungsleistungen erbracht hat.
Die pauschalierende Kürzung des Vorwegabzugs ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat vor allem bei der Ordnung von Massenerscheinungen und deren Abwicklung einen - freilich nicht unbegrenzten - Raum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen. Dies gilt insbesondere im Besteuerungsverfahren. Das EStG darf durch die Festlegung einer typisierenden Höchstgrenze individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Zahl von Personen betrifft und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist.
Wichtiger Hinweis: Die steuerrechtliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen ist ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz neu geregelt worden. Das Urteil ist zur alten Rechtslage ergangen. Prüfen Sie daher, inwieweit die Entscheidung ab 2005 noch relevant ist. Beachten Sie dabei, dass die alten Regeln bis zum Jahr 2019 im Rahmen der sog. Günstigerprüfung weiterhin von Bedeutung sind.
Wichtiger Hinweis: Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 472/03 ist beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil anhängig.