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Quelle:

Finanzgericht Köln
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 08.09.2010
Aktenzeichen: 13 K 960/08

Schlagzeile:

Finanzamt darf Steuerpflichtigen die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides nicht aufzwingen

Schlagworte:

Aussetzung der Vollziehung, Aussetzungszinsen, Einspruch, Erstattungszinsen, Gleichheitssatz, Klage, Rechtsbehelf, Vorläufiger Rechtsschutz, Zinsschaden, Zwangsaussetzung

Wichtig für:

Alle Steuerzahler

Kurzkommentar:

Die Finanzverwaltung darf Steuerpflichtigen die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides nicht mit dem Ziel aufdrängen, dem Staat Zinsvorteile zu verschaffen.

Der Entscheidung liegt ein Fall zugrunde, bei dem die Klägerin nach einer steuerlichen Außenprüfung mehrere Millionen an das Finanzamt nachzahlen sollte. Die Klägerin zahlte fristgerecht, legte aber gegen die geänderten Steuerbescheide Einspruch beim Finanzamt ein. Das Finanzamt setzte auf entsprechende Anweisung des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen den gesamten Nachforderungsbetrag ab Fälligkeit von der Vollziehung aus und erstattete den Betrag an die Klägerin zurück. Gegen diese aufgezwungene Aussetzung wehrte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage. Sie berief sich darauf, dass die Aussetzung unrechtmäßig sei, weil sie zu einem Zinsschaden führe. Sie könne sich am Markt zu einem Zinssatz zwischen ca. 2 % und 4,3 % refinanzieren, während im Falle eines Misserfolges zwingend Aussetzungszinsen von 6 % anfielen.

Der 13. Senat gab der Klage im Wesentlichen statt. Er vertrat die Auffassung, dass eine aufgezwungene Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich ermessensfehlerhaft sei. Die Aussetzung der Vollziehung diene dem vorläufigen Rechtsschutz des Bürgers. Es finde sich - von Ausnahmefällen abgesehen - kein plausibler Grund, warum das finanzielle Interesse des Staates insoweit von Bedeutung sein solle. Die Zwangsaussetzung verstoße im Übrigen auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG. Eine Aussetzung der Vollziehung gegen den Willen des Steuerpflichtigen erfolge nämlich nur in einer verschwindend geringen Anzahl von Fällen und soweit ersichtlich nur bei erheblichen Streitwerten.

Hintergrund: Wird während eines Einspruchs- oder Klageverfahrens die Vollziehung eines Steuerbescheides ausgesetzt (§ 361AO), so sind bei erfolglosem Rechtsbehelf später Aussetzungszinsen in Höhe von 6 % jährlich (§ 237 Abs.1 AO) an den Fiskus zu bezahlen. Ist anderseits eine Aussetzung nicht erfolgt und hat der Steuerpflichtige die streitige Steuerschuld bezahlt, so erhält er im Falle des Erfolgs den Erstattungsbetrag vom Finanzamt mit 6 % verzinst (§ 233a Abs. 1 und 2 AO). In Niedrigzinsphasen, in denen das Kapitalmarktzinsniveau unterhalb der Höhe der Aussetzungs- bzw. Erstattungszinsen von 6 % liegt, kann es für den Steuerpflichtigen im Einzelfall erheblich günstiger sein, auf eine Aussetzung des Steuerbescheides zu verzichten und den streitigen Steuerbetrag (vorübergehend) am Markt zu refinanzieren. Vor diesem Hintergrund ist die Finanzverwaltung in letzter Zeit dazu übergegangen, in lukrativen Fällen den Steuerpflichtigen gegen ihren Willen von Amts wegen eine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, um damit dem Staat eine Verzinsung über dem Kapitalmarktniveau zu sichern bzw. zu ersparen.

Das Urteil des Finanzgerichts ist (noch) nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen.

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