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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 11.11.2010
Aktenzeichen: VI R 16/09

Vorinstanz:

FG Nürnberg
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 23.10.2007
Aktenzeichen: VI 120/2006

Schlagzeile:

Berücksichtigung der Anschaffungskosten für neue Möbel als außergewöhnliche Belastungen

Schlagworte:

Abschnittsbesteuerung, Amtsarzt, Asthmabeschwerden, Attest, Außergewöhnliche Belastungen, Beitritt, Gefälligkeitsgutachte, Gesundheitsgefährdung, Glaubwürdigkeit, Gutachten, Lebensbedarf, Möbel, Mündliche Verhandlung, Nachweis, Parteivortrag, Privatgutachten, Unterhalt, Unterhaltsbedürftigkeit, Unterhaltsbescheinigung, Verzicht

Wichtig für:

Alle Steuerzahler

Kurzkommentar:

Die Anschaffungskosten für neue Möbel können als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein, wenn sich Eltern wegen Asthmabeschwerden ihres Kindes zum Erwerb der Möbel veranlasst sehen.

Nach altem Recht musste die konkrete Gesundheitsgefährdung durch die alten Möbel durch ein amtsärztlichen Attest nachgewiesen werden. Jetzt hat der BFH den Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen erleichtert. Das oberste deutsche Steuergericht hat unter Änderung der bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Krankheit und medizinische Indikation der den Aufwendungen zugrundeliegenden Behandlung nicht länger vom Steuerpflichtigen nur durch ein amts- oder vertrauensärztliches Gutachten bzw. ein Attest eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers nachgewiesen werden können. Ein solch formalisiertes Nachweisverlangen ergebe sich nicht aus dem Gesetz und widerspreche dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Diese obliege dem Finanzgericht. Das Finanzgericht und nicht der Amtsarzt oder eine vergleichbare Institution habe die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Zwar verfüge das Finanzgericht nicht über eine medizinische Sachkunde und müsse deshalb regelmäßig ein ärztliches Gutachten über die Indikation der streitigen Maßnahme einholen. Es sei aber nicht ersichtlich warum nur ein Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung, nicht aber ein anderer Mediziner die erforderliche Sachkunde und Neutralität besitzen soll, die medizinische Indikation von nicht nur für Kranke nützliche Maßnahmen objektiv und sachverständig beurteilen zu können. Die Befürchtung der Finanzbehörden und des dem Verfahren beigetretenen Bundesministeriums der Finanzen, es könnten Gefälligkeitsgutachten erstattet werden, teilte der BFH nicht. Auch sei das Verlangen nach einer amtsärztlichen oder vergleichbaren Stellungnahme zur Missbrauchsabwehr nicht erforderlich. Denn durch ein von einem Beteiligten vorgelegtes Privatgutachten, beispielsweise des behandelnden Arztes könne der Nachweis der Richtigkeit des klägerischen Vortrags und damit der medizinischen Indikation einer Heilmaßnahme ohnehin nicht geführt werden. Ein solches sei lediglich als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen.

Fazit: Zur Geltendmachung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen ist der Nachweis einer Krankheit und der medizinischen Indikation der Behandlung nicht mehr zwingend durch ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten bzw. Attest eines öffentlich-rechtlichen Trägers geführt werden muss. Der Nachweis kann vielmehr auch noch später und durch alle geeigneten Beweismittel geführt werden.

Der BFH hat in seiner Entscheidung auch zu anderen Fragen Stellung genommen. Der amtliche Leitsatz lautet:

Verzicht auf mündliche Verhandlung durch beigetretenes BMF entbehrlich - Glaubwürdigkeit einer Unterhaltsbescheinigung

1. Der BFH kann mit Einverständnis der originär Beteiligten auch dann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn das dem Verfahren beigetretene BMF auf eine solche nicht verzichtet hat.

2. Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an im Ausland lebende Eltern als außergewöhnliche Belastung entfällt trotz entsprechender amtlicher Unterhaltsbescheinigung, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit der Eltern nicht glaubhaft ist.

3. Reichen die vom Steuerpflichtigen, der angibt, einziger Unterhaltszahler zu sein, gezahlten Beträge nicht aus, um den gesamten Lebensbedarf der Eltern zu decken, müssen diese noch über andere Einnahmen verfügen, die sie verschwiegen haben. Damit entfällt die Glaubwürdigkeit der Unterhaltsbescheinigungen.

4. Zahlungen, die zum Jahresende geleistet worden sind, dürfen zwar wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung den Gesamtbetrag der Einkünfte dieses Jahres nur anteilig mindern (Anschluss an BFH-Urteil vom 5. Mai 2010 VI R 40/09, BFHE 230, 123). Sie stehen jedoch im Folgejahr zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung.

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