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Quelle:

Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 13.12.2010
Aktenzeichen: 5 K 2099/09

Schlagzeile:

Bei Abgabe der Einkommensteuererklärung im elektronischen Elster-Verfahren können Fehler bei der Eingabe nicht stets als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen gewertet werden

Schlagworte:

Änderung, Berichtigung, Bestandskraft, einfaches Verschulden, Eingabefehler, Einkommensteuererklärung, Elster, ElsterFormular, Elster-Verfahren, Fehler, Fehlerberichtigung, grobe Fahrlässigkeit, Grobes Verschulden, Korrektur, Verschulden

Wichtig für:

Alle Steuerzahler

Kurzkommentar:

Mit Urteil zur Einkommensteuer 2006 hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung genommen, ob die Änderung eines Steuerbescheides, der aufgrund einer unvollständigen Eingabe des Steuerpflichtigen im elektronischen Elster Verfahren ergangen war, vom Finanzamt mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass der Steuerpflichtige grob fahrlässig gehandelt habe.

Im Streitfall war der Kläger freiberuflich und rechtsberatend tätig. Die Einkommensteuererklärung 2006 übermittelte er mit Hilfe des elektronischen Steuerprogramms ElsterFormular 2006/2007 an das Finanzamt und reichte eine sogen. komprimierte Steuererklärung in Papierform unterschrieben nach. In dem elektronischen Formular hatte der Kläger in Zeile 62 des Mantelbogens - Frage nach Beiträgen zu berufsständischen Versorgungswerken - keine Eintragung vorgenommen. Darauf hin erging der Einkommensteuerbescheid 2006 entsprechend den Angaben des Klägers. Bei Erstellung der Einkommensteuererklärung des Folgejahres bemerkte der Kläger, dass er Zahlungen an sein berufsständisches Versorgungswerk in Höhe von rd. 18.000 € bei der Abgabe der elektronischen Steuererklärung 2006 irrtümlich nicht in Zeile 62 des Mantelbogens eingetragen hatte und beantragte beim Finanzamt die Änderung des mittlerweile bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides 2006 zu seinen Gunsten. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt mit der Begründung abgelehnt, den Kläger treffe ein - die begehrte Änderung ausschließendes - grobes Verschulden daran, dass die Geltendmachung der Zahlungen bei der ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzung unterblieben sei.

Die dagegen angestrengte Klage war demgegenüber erfolgreich. Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, ein die Änderung ausschließendes grobes Verschulden liege im Streitfall nicht vor. Als grobes Verschulden werde es in der Rechtsprechung angesehen, wenn ein Steuerpflichtiger eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und für ihn verständliche Frage nicht beantworte. Fehler, die üblicherweise vorkämen und mit denen immer wieder gerechnet werden müssten, dazu gehörten Vergessen, Irrtümer oder bloße Nachlässigkeiten, würden hingegen keine grobe Fahrlässigkeit begründen. Der Senat gehe bei Anwendung dieser Grundsätze im Streitfall davon aus, dass die Ursache für das nachträgliche Bekanntwerden der Zahlungen ein Fehler des Klägers bei Erstellung der Steuererklärung gewesen sei, an dem ihn nur einfaches Verschulden treffe. Der Kläger habe vergessen, die geleisteten Beiträge zum Versorgungswerk aus seinen handschriftlichen Notizen in die elektronische Bildmaske des Ausfüllprogramms ElsterFormular 2006/2007 zu übertragen.

Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass solche Fehler – trotz großer Sorgfalt – allgemein bei der Übertragung von Daten, insbesondere aber bei der Bearbeitung größerer Dokumente am PC immer wieder vorkämen, begünstigt durch die technischen Gegebenheiten einer Vielzahl von Bildmasken und Fenstern, die stets nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtdokuments zeigen würden. In diesem Zusammenhang falle eine Besonderheit in der Programmführung von ElsterFormular beim Fragenkomplex Sonderausgaben (Zeilen 61 ff des Mantelbogens) auf, die ein kontinuierliches Arbeiten an genau der streitigen Stelle erschwere. Denn – wovon sich das Gericht überzeugt habe – für die Eingabe in Zeile 61, die der Kläger für seine Ehefrau habe ausfüllen müssen, zwinge das Programm den Anwender, in die Maske der Lohnsteuerbescheinigung zu wechseln, wechsle aber anschließend nicht zurück, sondern biete die Anlage N zur weiteren Bearbeitung an. Den Kläger treffe auch kein grobes Verschulden daran, dass er das Fehlen des Betrages nicht vor dem Absenden der Daten an das FA bemerkt habe, denn in der programmtechnischen Funktion „Druckvorschau“ würden nur die eingegebenen Erklärungstexte gezeigt, Leerzeilen würden nicht mehr erscheinen. Infolgedessen hätte dem Kläger so das Fehlen der Vorsorgeaufwendungen nicht mehr auffallen können.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Aktuelle Ergänzung: Das Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof lautet X R 8/11 (Aufnahme in die Datenbank am 18.3.2011). Über folgende Rechtsfragen muss der BFH entscheiden:
Mögliche Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheides zugunsten der Kläger: Übersehen einer Eingabezeile im elektronischen Steuerprogramm ElsterFormular 2006/2007 (hier: Zeile 62 - als Sonderausgaben abziehbare Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen) als grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO?
-- Zulassung durch FG --
Rechtsmittelführer: Verwaltung
AO § 173 Abs 1 S 1 Nr 2; AO § 150 Abs 2 S 1
Vorgehend: Finanzgericht Rheinland-Pfalz , Entscheidung vom 13.12.2010 (5 K 2099/09)

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