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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Beschluss
Datum: 30.06.2011
Aktenzeichen: V R 37/10

Vorinstanz:

FG Münster
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 01.09.2010
Aktenzeichen: 5 K 3000/08 U

Schlagzeile:

EuGH-Vorlage zum Reverse Charge-Verfahren bei Bauleistungen

Schlagworte:

Bauleistungen, Dienstleistung, EuGH-Vorlage, Leistungsempfänger, Lieferung, Reverse Charge, Reverse Charge-Verfahren, Steuerschuldnerschaft, Umsatzsteuer, Untergruppe, Untergruppenbildung

Wichtig für:

Gewerbetreibende

Kurzkommentar:

EuGH-Vorlage zu den Voraussetzungen des Übergangs der Steuerschuld nach § 13b UStG - Vereinbarkeit mit der Ermächtigung des Rates vom 30. März 2004 2004/290/EG - Begriff der Bauleistungen - Rechtsfolgen einer unzulässigen Untergruppenbildung - Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts - Nichtanwendung einer unionsrechtswidrigen nationalen Regelung bei Betroffenheit mehrerer Steuerpflichtiger

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorge¬legt:

1. Umfasst der Begriff der Bauleistungen i.S. von Art. 2 Nr. 1 der Ermächtigung 2004/290/EG neben Dienstleistungen auch Lieferungen?

2. Falls sich die Ermächtigung zur Bestimmung des Leistungsempfängers als Steuerschuldner auch auf Lieferungen erstreckt:

Ist der ermächtigte Mitgliedstaat berechtigt, die Ermächtigung nur teilweise für bestimmte Untergruppen wie einzelne Arten von Bauleistungen und für Leistungen an bestimmte Leistungsempfänger auszuüben?

3. Falls der Mitgliedstaat zu einer Untergruppenbildung berechtigt ist: Bestehen für den Mitgliedstaat Beschränkungen bei der Untergruppenbildung?

4. Falls der Mitgliedstaat zu einer Untergruppenbildung allgemein (s. oben Frage 2) oder aufgrund nicht beachteter Beschränkungen (s. oben Frage 3) nicht berechtigt ist:

a) Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus einer unzulässigen Untergruppenbildung?

b) Führt eine unzulässige Untergruppenbildung dazu, dass die Vorschrift des nationalen Rechts nur zugunsten einzelner Steuerpflichtiger oder allgemein nicht anzuwenden ist?

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Zweifelsfragen zur Vereinbarkeit der Regelung zum sog. Reverse Charge-Verfahren vorgelegt. Während im Regelfall der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer abzuführen hat, schuldet für Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen, der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn er selbst ebenfalls solche Leistungen erbringt.

Die Regelung beruht auf der Ermächtigung des Rates vom 30. März 2004 (2004/290/EG) zum Reverse Charge-Verfahren "bei der Erbringung von Bauleistungen an einen Steuerpflichtigen". Unionsrechtliche Zweifel bestehen, ob diese Ermächtigung nur Baudienstleistungen (sonstige Leistungen), nicht dagegen (Werk-)Lieferungen betrifft. Denn nach der maßgeblichen Richtlinie (77/388/EWG) können die Mitgliedstaaten "als Lieferungen ...die Erbringung bestimmter Bauleistungen betrachten." Dies könnte darauf hindeuten, dass unter Bauleistungen nur (Bau-)Dienstleistungen zu verstehen sind. Falls die Ermächtigung sich auch auf Lieferungen erstreckt, ist weiter zu klären, ob der Mitgliedstaat von der Ermächtigung abweichen und Untergruppen bilden kann. Denn während der Rat die Einführung des Reverse Charge-Verfahrens erlaubt, wenn der Leistungsempfänger "Steuerpflichtiger" (d.h. Unternehmer) ist, tritt nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz die Umkehr der Steuerschuld nur ein, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der selbst Bauleistungen erbringt. Dies war Anlass für das vorliegende Verfahren; denn die Finanzverwaltung geht insoweit davon aus, dass der Leistungsempfänger beim Bezug einer Bauleistung nur dann Steuerschuldner ist, wenn zumindest 10 % seines "Weltumsatzes" im Vorjahr aus derartigen Bauleistungen besteht. Ob die Klägerin die "10%-Grenze" überschritten hat, war Ausgangspunkt des Rechtsstreits.

Die Entscheidung hat nicht nur für die Vergangenheit Bedeutung. Die Ermächtigung wurde zwar mit Wirkung zum 1. Januar 2008 durch eine Regelung zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft in der Richtlinie selbst ersetzt (inzwischen Art. 199 der Richtlinie 2006/112/EG). Auch diese Regelung verwendet den Begriff "Bauleistungen" und nimmt ausdrücklich auf Art. 5 Satz 5 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2006/112/EG) Bezug, wonach die Mitgliedstaaten "die Erbringung bestimmter Bauleistungen" als Lieferungen betrachten können.

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