Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 30.06.2011 |
Aktenzeichen: | VI R 37/09 |
Vorinstanz: |
FG Thüringen |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 14.01.2009 |
Aktenzeichen: | III 922/03 |
Schlagzeile: |
Verbilligte Arbeitnehmeraktien sind erst zu versteuern, wenn die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt ist
Schlagworte: |
Aktie, Arbeitnehmeraktie, Arbeitslohn, Geldwerter Vorteil, Tatsachenfeststellung, Veräußerungssperre, Verbilligte Arbeitnehmeraktie, wirtschaftliche Verfügungsmacht, Zufluss, Zuflusszeitpunkt
Wichtig für: |
Arbeitgeber, Arbeitnehmer
Kurzkommentar: |
Zuflusszeitpunkt verbilligter Arbeitnehmeraktien - Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht als Tatsachenfeststellung
1. Dem Arbeitnehmer fließt der geldwerte Vorteil in Form verbilligter Aktien in dem Zeitpunkt zu, in dem er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt.
2. Ein solcher Zufluss liegt nicht vor, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich ist.
Hintergrund: Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG auch vom Arbeitgeber für die Beschäftigung verbilligt überlassene Aktien. Dies setzt allerdings voraus, dass der Vorteil in Form von Aktien auch zugeflossen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führt allein das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei.
Der Vorteil ist mit der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darüber zugeflossen. Bei einem Aktienerwerb ist das der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird.
Einem solchen Zufluss im vorgenannten Sinne steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund einer Sperr- bzw. Haltefrist die Aktien für eine bestimmte Zeit nicht veräußern kann. Der Erwerber der Aktien ist rechtlich und wirtschaftlich bereits dann Inhaber der Aktie, wenn sie auf ihn übertragen oder auf seinen Namen im Depot einer Bank hinterlegt wird. Denn eine obligatorische Veräußerungssperre hindert den Erwerber von Aktien nicht, sie zu veräußern. Die Veräußerung ist rechtlich möglich, wenngleich sie auch Sanktionen auslösen kann. Aufgrund des im Aktienrecht geltenden Grundsatzes der freien Übertragbarkeit der Aktie ist jede Einschränkung, die über eine schuldrechtliche Wirkung hinausgeht, grundsätzlich unwirksam.
Der BFH stellte aber klar: Aktien sind allerdings nicht zugeflossen, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung darüber rechtlich unmöglich ist. Das muss jetzt das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang prüfen.