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Quelle:

Niedersächsisches Finanzgericht
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 20.03.2013
Aktenzeichen: 7 K 223/10, 7 K 224/10

Schlagzeile:

Gleichheitssatzwidrige Mehrfachbelastung künftiger Bauerrichtungskosten mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer

Schlagworte:

Bauerrichtungskosten, Einheitliches Vertragswerk, Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer

Wichtig für:

Alle Steuerzahler

Kurzkommentar:

1. Ein Bauerrichtungsvertrag (Werkvertrag), der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines unbebauten Grundstücks (Kaufvertrag) abgeschlossen wird und der für den Bauherrn eine Umsatzsteuerbelastung auslöst, sollte regelmäßig nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen.

2. Das erkennende Gericht folgt insofern der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Umsatzsteuersenate des Bundesfinanzhofs, nach der noch auszuführende Bauleistungen in der Regel nicht mit Lieferungen von unbebauten Grundstücken zu einheitlichen Leistungsgegenständen zusammengefasst werden. Dagegen lehnt das erkennende Gericht die anderslautende, enorm steuerverschärfende Rechtsprechung des für die Grunderwerbsteuer zuständigen Senats des Bundesfinanzhofs ab, weil diese Rechtsprechung zum "fiktiven einheitlichen Vertragswerk" gegen das Grunderwerbsteuergesetz, gegen die Einheit der Steuerrechtsordnung, gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, gegen das Gebot des gesetzlichen Richters und gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt.

3. Die ständige Rechtsprechung des II., V. und XI. Senats des Bundesfinanzhofs bewirkt, dass zwei Bauherren, die beide ein vergleichbares, unbebautes Grundstück erwerben und zu diesem Zeitpunkt bereits konkret die Bebauung dieser Grundstücke mit jeweils vergleichbaren Familienwohnheimen planen, dann unterschiedlich besteuert werden, wenn einer der Bauherren das Grundstück von einer Person erwirbt, die er zugleich in einem separaten Bauerrichtungsvertrag mit der Bauausführung beauftragt, während der andere Bauherr - bei gegebenenfalls inhaltlich identischem Bauvertrag - mit der Bauausführung ein drittes Unternehmen beauftragt. Während der erstgenannte Bauherr aufgrund einer „Bündelung" von Kauf- und Bauvertrag auf die ihm nach beiden Verträgen erbrachten Leistungen mit der Grunderwerbsteuer belastet wird, die Leistung nach dem Bauerrichtungsvertrag aber nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a) UStG umsatzsteuerfrei ist, wird der Bauherr, der entsprechende Verträge mit unterschiedlichen Personen abschließt, zum einen mit der gesetzlichen Umsatzsteuer auf die Bauleistung und zudem nochmals hierauf mit der Grunderwerbsteuer belastet. Diese Ungleichbehandlung ist willkürlich und verletzt daher die Kläger in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Absatz 1 GG. - Seite 2 von 17 -

4. Die rechtswidrige, enorm steuerverschärfende Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofs, durch die ein nationaler "Belastungscocktail" aus Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer (= Sonderumsatzsteuer) entsteht, verstößt auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, auch wenn der Gerichtshof der Europäischen Union dies bisher (noch) nicht wahrhaben will.

5. Die Entscheidung des erkennenden Gerichts ist - im Einverständnis der Prozessparteien - durch den konsentierten Einzelrichter ergangen.

Die Revision an den Bundesfinanzhof wurde zugelassen (inzwischen eingelegt, Az. des BFH: II R 22/13) mit der Anregung an den Bundesfinanzhof, die Rechtssache dem Großen Senat des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung vorzulegen, damit das Verfahrensgrundrecht der Kläger auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt wird.

In der Datenbank des Bundesfinanzhofs sind folgende Informationen gespeichert:
BFH Anhängiges Verfahren, II R 22/13 (Aufnahme in die Datenbank am 19.7.2013)
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer - einheitliches Vertragswerk - Doppelbesteuerung:
1) Sind in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Grunderwerbsteuer neben dem Kaufpreis für Grund und Boden auch die Gebäudeerrichtungskosten einzubeziehen (einheitliches Vertragswerk)?
2) Ist eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darin zu sehen, dass künftige Bauerrichtungskosten, die der Umsatzsteuer unterliegen zusätzlich der Grunderwerbsteuer unterworfen werden?
-- Zulassung durch FG --
Rechtsmittelführer: Verwaltung
GrEStG § 1 Abs 1 Nr 1; GrEStG § 8 Abs 2 S 2; GrEStG § 9 Abs 1 Nr 1; UStG § 4 Nr 9a; GG Art 3 Abs 1
Vorgehend: Niedersächsisches Finanzgericht , Entscheidung vom 20.3.2013 (7 K 223/10, 7 K 224/10)

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