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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 27.11.2013
Aktenzeichen: I R 17/12

Vorinstanz:

FG Berlin-Brandenburg
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 07.02.2012
Aktenzeichen: 6 K 6086/08

Schlagzeile:

Kommunale Rettungsdienst-GmbH kann gemeinnützig sein

Schlagworte:

Eigengesellschaft, Gemeinnützigkeit, Kommune, Körperschaftsteuer, Rettungsdienst, Rettungsdienst-GmbH, Wohlfahrtspflege

Wichtig für:

Kommunen

Kurzkommentar:

Steuerbegünstigung einer kommunalen Eigengesellschaft (Rettungsdienst) als gemeinnützig

1. Eine Eigengesellschaft (hier: GmbH) einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (hier: Landkreis) kann nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 und § 3 Nr. 6 Satz 1 GewStG 2002 steuerbegünstigt sein. Das gilt auch, soweit sie in die Erfüllung hoheitlicher Pflichtaufgaben der Trägerkörperschaft (hier: Durchführung des bodengebundenen Rettungsdiensts) eingebunden ist.

2. Stehen kommunale Trägerkörperschaft und Eigengesellschaft in vertraglichen Leistungsbeziehungen, ist es als begünstigungsschädliche Gewinnausschüttung i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO anzusehen, wenn die Eigengesellschaft für die von ihr zu erbringenden Leistungen ein Entgelt erhält, das einem Fremdvergleich (in Gestalt des Kostenausgleichs zzgl. eines marktüblichen Gewinnaufschlags) nicht standhält. Die Voraussetzungen des § 58 Nr. 2 AO sind in diesem Fall nicht erfüllt.

3. Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege gemäß § 66 AO setzt nicht voraus, dass diese in unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu den von ihr betreuten Hilfsbedürftigen steht (Änderung der Rechtsprechung). Maßgeblich ist, dass die Hilfeleistungen in tatsächlicher Hinsicht selbst und unmittelbar gegenüber den Hilfsbedürftigen erbracht werden (Änderung der Spruchpraxis des Senats).

4. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb agiert nicht allein deshalb "des Erwerbs wegen" i.S. von § 66 Abs. 2 Satz 1 AO, weil er seine Leistungen zu denselben Bedingungen anbietet, wie private gewerbliche Unternehmen (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 18. September 2007 I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126). Maßgeblich ist, dass mit dem Betrieb keine Gewinne angestrebt werden, die über seinen konkreten Finanzierungsbedarf hinausgehen.

5. Die Steuerbefreiungen für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sind bestehende Beihilfen ("Alt-Beihilfen"), für die das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV nicht gilt.

KStG 2002 § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4, § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 8 Abs. 3 Satz 2
GewStG 2002 § 3 Nr. 6
AO i.d.F. vor dem Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements § 52 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 2, § 53 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, § 57 Abs. 1 Satz 2, § 58 Nr. 2, § 65 Nr. 3, § 66
AO i.d.F. des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements § 52 Abs. 2 Nr. 11
EGAO Art. 97 § 1d
GemV § 1, § 7
EG Art. 87 Abs. 1
AEUV Art. 108 Abs. 3 Satz 3

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine kommunale GmbH, die den Rettungsdienst bei medizinischen Notfällen durchführt, gemeinnützig und damit steuerbegünstigt sein kann.

Bislang war ungeklärt, ob die öffentliche Hand, wenn sie sich über eine Kapitalgesellschaft – eine sog. Eigengesellschaft – privatwirtschaftlich betätigt, gemeinnützigkeitsfähig ist, insbesondere wenn die Eigengesellschaft in die Erfüllung hoheitlicher Pflichtaufgaben ihres Trägers eingebunden ist. Der BFH hat die Gemeinnützigkeitsfähigkeit solcher Gesellschaften nun im Grundsatz bejaht.

Allerdings untersagt das Gemeinnützigkeitsrecht Zuwendungen der begünstigten Gesellschaft an ihren Träger. Für die Leistungen, die sie diesem gegenüber erbringt, muss die Eigengesellschaft deshalb angemessen bezahlt werden. Dazu gehört ein voller Aufwendungsersatz ebenso wie ein marktüblicher Gewinnaufschlag. Für die öffentliche Hand gelten schon aus Wettbewerbsgründen keine anderen Regeln als für „private“ Körperschaften. Fehlt eine angemessene Vergütung durch den Träger, scheitert die Gemeinnützigkeit der Gesellschaft.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Rettungsdienst-GmbH, die ein brandenburgischer Landkreis errichtet hatte. Der BFH hat dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg aufgegeben, die Angemessenheit der Vergütungen zu prüfen.

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