Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Beschluss |
Datum: | 16.05.2019 |
Aktenzeichen: | XI B 13/19 |
Vorinstanz: |
FG Hessen |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 14.01.2019 |
Aktenzeichen: | 1 V 1470/18 |
Schlagzeile: |
Anforderungen an die Leistungsbeschreibung bei Waren im Niedrigpreissegment
Schlagworte: |
Aufzeichnungspflicht, Aussetzung der Vollziehung, Billigkeitsverfahren, Gutglaubensschutz, Leistungsbeschreibung, Mehrwertsteuerhinterziehung, Niedrigpreissegment, Rechnung, Schätzung, Steuerhinterziehung, Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Warengattung
Wichtig für: |
Gewerbetreibende
Kurzkommentar: |
Nach Maßgabe der summarischen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Steuerfestsetzungen im Verfahren um eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) hat der Bundesfinanzhof entschieden:
1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im sog. Niedrigpreissegment hinsichtlich der Leistungsbeschreibung voraussetzt, dass die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben wird oder ob insoweit die Angabe der Warengattung ("Hosen", "Blusen", "Pulli") ausreicht.
2. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Vorsteuerabzug versagt werden darf, wenn die Lieferung, über die abgerechnet worden ist, nicht bewirkt worden ist.
3. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Vorsteuerabzug versagt werden darf, wenn der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt hatte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.
4. Es ist (weiterhin) ernstlich zweifelhaft, ob beim Vorsteuerabzug Gutglaubensschutz nur im Billigkeitsverfahren zu gewähren ist (Bestätigung der Rechtsprechung).
5. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich in dem Besteuerungszeitraum auszuüben ist, in dem der Leistungsempfänger die Leistung bezogen hat und im Besitz einer Rechnung ist.
6. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass auch bei der Umsatzsteuer im Falle von Verstößen des Steuerpflichtigen gegen die Aufzeichnungspflichten des § 22 UStG und bei sonstigen Buchführungsmängeln das Finanzamt zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen befugt sein kann. Diese Schätzungsbefugnis steht in Einklang mit dem Unionsrecht.
UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2, § 14 Abs. 4 Nr. 5, § 22
AO § 162, § 163, § 227
FGO § 69
MwStSystRL Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a, Art. 226 Nr. 6
AEUV Art. 325