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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 12.03.2020
Aktenzeichen: V R 5/17

Vorinstanz:

FG Mecklenburg-Vorpommern
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 21.12.2016
Aktenzeichen: 3 K 272/13

Schlagzeile:

Fehlende Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen

Schlagworte:

Angemessenheit, Bagatellvorbehalt, Bandbreite, Darlehensvertrag, externer Fremdvergleich, Fremdvergleich, Gehalt, Gehaltsstrukturuntersuchung, gemeinnützige Zwecke, Gemeinnützigkeit, Gesamtausstattung, Geschäftsführervergütung, Jahresnettoprämie, Mietvertrag, Mittelfehlverwendung, Mittelverwendung, Mittelverwendungsgebot, Pachtvertrag, Sicherheitszuschlag, Tätigkeitsvergütung, Unterstützungskasse, Verdeckte Gewinnausschüttung, Verhältnismäßigkeitsprinzip, Versorgungszusage, Verwendung

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft sind die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) zu berücksichtigen. Maßstab des externen Fremdvergleichs sind dabei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen.

2. Gewährt die Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage, die über eine Unterstützungskasse erfüllt wird, ist der für den Geschäftsführer liegende Vorteil in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie in die Gesamtausstattung einzubeziehen.

3. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit ist bei kleineren Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO unverhältnismäßig (Bagatellvorbehalt).

AO § 52 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 63
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9

Hintergrund: Gewährt eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer unverhältnismäßig hohe Tätigkeitsvergütungen, liegen sog. Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug ihrer Gemeinnützigkeit führen können. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Ob im Einzelfall unverhältnismäßig hohe Vergütungen anzunehmen sind, ist durch einen sog. Fremdvergleich zu ermitteln. Als Ausgangspunkt hierfür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen für Wirtschaftsunternehmen herangezogen werden, ohne dass dabei ein "Abschlag" für Geschäftsführer von gemeinnützigen Organisationen vorzunehmen ist. Da sich der Bereich des Angemessenen auf eine Bandbreite erstreckt, sind nur diejenigen Bezüge als unangemessen zu bewerten, die den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20% übersteigen. Liegt ein unangemessen hohes Geschäftsführergehalt vor, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ein Entzug der Gemeinnützigkeit allerdings erst dann gerechtfertigt, wenn es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt.

Im Streitfall hatte das Finanzamt einer gGmbH, die sich in der psychiatrischen Arbeit engagiert und in erster Linie Leistungen im Bereich der Gesundheits- und Sozialbranche erbringt, wegen unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge die Gemeinnützigkeit für die Jahre 2005 – 2010 versagt. Das Finanzgericht (FG) hatte die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Der BFH bestätigte diese Entscheidung im Wesentlichen. Die Revision der Klägerin war allein in Bezug auf die Streitjahre 2006 und 2007 erfolgreich, weil das FG für das Jahr 2006 nicht berücksichtigt hatte, dass die Angemessenheitsgrenze lediglich geringfügig (um ca. 3.000 €) überschritten war und es für das Jahr 2007 unterlassen hatte, bei der Angemessenheitsprüfung einen Sicherheitszuschlag anzusetzen.

Das Urteil ist von weitreichender Bedeutung für die Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften, da es die Grundlagen für die Ermittlung von noch zulässigen Geschäftsführerbezügen aufzeigt und diese Grundsätze auch auf andere Geschäftsbeziehungen mit gemeinnützigen Körperschaften (z.B. Miet-, Pacht-, Darlehensverträge) angewendet werden können.

Tenor:

1. Das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21.12.2016 - 3 K 272/13 und die Steuerbescheide für die Streitjahre 2006 und 2007 (Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag, die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes zum 31.12.2006 und zum 31.12.2007, Gewerbesteuermessbescheide sowie die Umsatzsteuerbescheide) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.06.2013 werden aufgehoben.

Im Übrigen (Steuerbescheide der Streitjahre 2005 sowie 2008 bis 2010) wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

3. Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Klägerin zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10 zu tragen.

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