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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 14.07.2020
Aktenzeichen: VIII R 27/18

Vorinstanz:

FG Berlin-Brandenburg
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 30.01.2018
Aktenzeichen: 9 K 9105/16

Schlagzeile:

Pflegegelder aus öffentlichen Mitteln für die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder und Jugendlicher können steuerfreie Beihilfen sein

Schlagworte:

Beihilfe, Einzelbetreuung, Erzieher, Erzieherin, Jugendhilfe, Jugendlicher, Kind, Öffentliche Mittel, Pflege, Pflegegeld, Pflegeleistungen, Steuerbefreiung, Steuerfreiheit, Verhaltensauffälligkeit, Vollzeit, Vollzeitpflege

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Für die Beantwortung der Frage, ob eine gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Beihilfe oder die steuerpflichtige Vergütung einer erwerbsmäßigen Tätigkeit vorliegt, sind Inhalt und Durchführung des jeweiligen Betreuungsverhältnisses maßgebend.

2. Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, können gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Bezüge sein. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

EStG § 3 Nr 11 , SGB 8 § 33 , SGB 8 § 35 , EStG VZ 2012 , EStG VZ 2013

Hintergrund: Pflegegeld, das aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht wird, kann beim Betreuer gem. § 3 Nr. 11 EStG zu steuerfreien Bezügen führen, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) unter Hinweis auf die Vergleichbarkeit mit den Fällen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII entschieden.

Der Kläger, ein ausgebildeter Erzieher, hatte in den Streitjahren 2012 und 2013 verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche in seinen Haushalt aufgenommen und dort intensiv sozialpädagogisch betreut. Er nahm immer nur ein Kind bzw. einen Jugendlichen bei sich auf. Für diese „Vollzeitbetreuung“ erhielt er auf der Grundlage jederzeit kündbarer vertraglicher Vereinbarungen aus öffentlichen Mitteln monatlich zwischen 3.000 € und 3.600 €. Finanzamt und Finanzgericht meinten, der Kläger habe erwerbsmäßig Pflegeleistungen erbracht. Das Pflegegeld sei nicht wie bei einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

Dies sah der BFH anders. Pflegegeld aus öffentlichen Mitteln, das im Rahmen einer Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gezahlt wird, beurteilt der BFH grundsätzlich als steuerfreie Beihilfe i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG, da mit der Zahlung des Pflegegeldes weder der sachliche und zeitliche Aufwand der Pflegeeltern vollständig ersetzt noch die Pflegeleistung vergütet wird.

Das vom Kläger vereinnahmte Pflegegeld sei damit vergleichbar. Maßgeblich für die steuerliche Einordnung seien Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses. Dieses sei vorliegend – wie bei einer Vollzeitpflege i.S.d. § 33 SGB VIII – dadurch geprägt, dass der Kläger die verhaltensauffälligen Jugendlichen und Kinder in seinen Haushalt aufgenommen und mit diesen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt habe. Dass der Kläger die Kinder und Jugendlichen entsprechend deren besonderen Bedürfnissen intensiv sozialpädagogisch betreut und hierfür ein über den Regelsätzen für die Vollzeitpflege von Kindern und Jugendlichen liegendes Pflegegeld bezogen habe, stehe der Steuerfreiheit der Bezüge nicht entgegen.

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 30.01.2018 - 9 K 9105/16 aufgehoben.

Die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2012 und 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 02.05.2016 werden dahin geändert, dass die Einkommensteuer auf jeweils 0 € herabgesetzt wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

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