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Quelle:

Niedersächsisches Finanzgericht
Art des Dokuments: Beschluss
Datum: 04.05.2020
Aktenzeichen: 6 K 53/18

Schlagzeile:

Die Anerkennung einer ausländischen Stiftung als gemeinnützig richtet sich alleine nach deutschem Recht

Schlagworte:

Ausland, Beschränkte Steuerpflicht, Diskriminierung, Gemeinnützigkeit, Gesonderte Feststellung, Mustersatzung, Österreich, Satzung, Stiftung, Typenvergleich

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Bei Stiftungen nach ausländischem Recht ist Prüfungsmaßstab allein das innerstaatliche deutsche Recht; gleichviel ob die betreffende Körperschaft im In- oder im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik ist nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen.

2. Bei grenzüberschreitender Gemeinnützigkeit im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten ist zu berücksichtigen, dass ausländische Körperschaften typischerweise keine den Vorgaben des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Satzung haben, so dass die Regelungen der AO eine (mittelbare) Diskriminierung der ausländischen Körperschaft beinhalten, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung bestehen würde. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO ist daher im Lichte der Grundfreiheiten einschränkend in der Weise auszulegen, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung genügt, wenn diese der Mustersatzung vergleichbare Festlegungen enthält.

3. Dies muss auch dann gelten, wenn die Satzung zwar in deutscher Sprache abgefasst ist, aber von der Mustersatzung abweichende Formulierungen enthält.

Art 54 AEUV, § 51 AO 1977, § 59 AO 1977, § 60 AO 1977, § 60a AO 1977, § 61 AO 1977, § 5 Abs 1 KStG, § 5 Abs 2 KStG

Hintergrund: Der 6. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat sich in einem Gerichtsbescheid mit den Anforderungen an eine Stiftung ausländischen Rechts befasst.

Klägerin war eine rechtsfähige Stiftung nach österreichischem Recht, die unter Anwendung des sog. Typenvergleichs nach den Feststellungen des Senates nach ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Struktur einem deutschen Körperschaftsteuersubjekt entspricht. Sie fällt damit in den Anwendungsbereich des § 2 Nr. 1 KStG, sodass im Streitfall das Verfahren wegen gesonderter Feststellung gem. § 60a Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit § 60a Abs. 2 Nr. 2 AO über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO als Annexverfahren zur Körperschaftsteuer anzuwenden war.

Die Klägerin verfügte über Vermögen im Inland sowie in Österreich und war nach österreichischem Recht als gemeinnützig anerkannt. Nach ihrer Satzung ist Stiftungszweck die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere des politischen deutschsprachigen Kabaretts im Sinne des Lebenswerkes des Stifterehepaares. Nach den weiteren Bestimmungen der Satzung verfolgt die Stiftung mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung. Die Satzung der Klägerin entspricht nicht vollständig der Mustersatzung nach § § 60 Abs. 1 Satz 2 AO.

Nach dem Gerichtsbescheid des Niedersächsischen Finanzgerichts erfüllt die Satzung der Klägerin dennoch die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO. Ausgangspunkt und Maßstab der Prüfung sei dabei allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, unabhängig davon, dass die betreffende Körperschaft im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland sei auch aus Gründen des Unionsrechts - insbesondere der Grundfreiheiten - nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen. Ausgangspunkt und Maßstab seien sonach allein § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG i.V. mit §§ 52 ff. AO. Die Satzung der Klägerin müsse daher gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO die in der Anlage 1 zur AO bezeichneten Festlegungen enthalten. Dabei sei bei der im Streitfall vorliegenden grenzüberschreitenden Gemeinnützigkeit im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nach Auffassung des Gerichts jedoch zu berücksichtigen, dass ausländische Körperschaften typischerweise keine den Vorgaben des § 60 Abs. 1 Satz 2 AO entsprechende Satzung haben, sodass die vorgenannten Regelungen eine (mittelbare) Diskriminierung der ausländischen Körperschaften beinhalten würden, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung bestünde. § 60 Abs. 1 Satz 2 AO müsse damit im Lichte der Grundfreiheiten einschränkend in der Weise ausgelegt werden, dass im Ergebnis auch eine nicht in deutscher Sprache abgefasste Satzung genüge, wenn diese materiell vergleichbare Festlegungen enthalte. Dies müsse zur Überzeugung des Senates auch dann gelten, wenn die Satzung zwar - wie im Streitfall - in deutscher Sprache abgefasst sei, aber von der Mustersatzung abweichende Formulierungen enthalte. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Senat in seiner Entscheidung festgestellt, dass das beklagte Finanzamt zum Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 60a AO verpflichtet ist.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage des Zusammenwirkens der Vorschriften anderer Staaten (hier der österreichischen Bundesabgabenordnung) mit den deutschen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts bei im Inland beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Stiftungen bisher nicht höchstrichterlich entschieden sei.

nachgehend BFH, Az: V R 15/20

In der Datenbank des Bundesfinanzhofs ist folgende Rechtsfrage notiert:

Wie wirken sich die Vorschriften anderer Staaten (hier: Österreich) auf die deutschen Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts bei im Inland beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Stiftungen aus?

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