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Quelle:

Bundesfinanzhof
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 22.02.2023
Aktenzeichen: X R 8/21

Vorinstanz:

FG Münster
Art des Dokuments: Urteil
Datum: 10.03.2021
Aktenzeichen: 11 K 3030/15 E,G

Schlagzeile:

Auch Gewinne aus einem Online-Pokerspiel können der Einkommensteuer unterliegen

Schlagworte:

Betriebsstätte, Casinopoker, Computer, Gewerbebetrieb, Gewerbesteuer, Gewinnerzielungsabsicht, Glücksspiel, Hobby, Liebhaberei, Online-Poker, Poker, Sonstige Einkünfte, Spielgewinn

Wichtig für:

Steuerberater

Kurzkommentar:

1. Auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel (hier: in der Variante "Texas Hold'em") können als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen (Fortführung der BFH-Urteile vom 16.09.2015 - X R 43/12, BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48 --Turnierpoker--, und vom 25.02.2021 - III R 67/18, BFH/NV 2021, 1070 --Casinopoker--).

2. Die erforderliche Abgrenzung zu privaten Tätigkeiten richtet sich bei Spielern --ebenso wie bei Sportlern-- danach, ob der Steuerpflichtige mit seiner Betätigung private Spielbedürfnisse gleich einem Freizeit- oder Hobbyspieler befriedigt oder ob in der Gesamtschau strukturell-gewerbliche Aspekte entscheidend in den Vordergrund rücken. Für das insoweit maßgebliche "Leitbild
eines Berufsspielers" ist vor allem das planmäßige Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz "beruflicher" Erfahrungen prägend.

3. Bei einem Online-Pokerspieler ist der Raum, in dem sich der Computer befindet, von dem aus der Spieler seine Tätigkeit ausübt, als Betriebsstätte anzusehen, wenn der Steuerpflichtige über diesen Raum eine nicht nur vorübergehende
Verfügungsmacht hat. Sofern diese Betriebsstätte sich im Inland befindet, unterliegt die Tätigkeit der Gewerbesteuer (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 25.02.2021 - III R 67/18, BFH/NV 2021, 1070, Rz 28 --Casinopoker--).

EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abs. 2
GewStG § 2 Abs. 1
AO § 12 Satz 1, Satz 2 Nr 1

Hintergrund: Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Mathematikstudent im Jahr 2007 mit dem Online-Pokerspiel –in der Variante „Texas Hold´em/Fixed Limit“– begonnen. Ausgehend von zunächst kleinen Einsätzen und Gewinnen steigerte er seine Einsätze allmählich. Auch seine Gewinne stiegen im Zeitablauf erheblich an. Im Streitjahr 2009 erzielte er aus dem Online-Pokerspiel bereits einen Gewinn von über 80.000 €, der in den Folgejahren weiter anstieg. Allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 belief sich seine registrierte Gesamtspielzeit auf 673 Stunden.

Das Finanzgericht als Tatsacheninstanz hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger ab Oktober 2009 gewerblich tätig gewesen sei und demzufolge der in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 erzielte Gewinn von gut 60.000 € der Einkommensteuer unterliege.

Dies hat der BFH bestätigt. Er hat dabei an frühere Entscheidungen zum Pokerspiel in Form von Präsenzturnieren und in Casinos angeknüpft. Danach ist Poker in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet. Dies gilt auch beim Online-Poker, selbst wenn dort kein persönlicher Kontakt zu den Mitspielern möglich ist.

Allerdings unterliegt nach der Rechtsprechung des BFH –unabhängig von der Form des Pokerspiels– nicht jeder Pokerspieler der Einkommensteuer. Für Freizeit- und Hobbyspieler handelt es sich weiterhin um eine private Tätigkeit, bei der Gewinne –und auch Verluste– keine steuerliche Auswirkung haben. Wenn jedoch der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten wird und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse geht, sondern um die Erzielung von Einkünften, ist sein Handeln als gewerblich anzusehen. Maßgebend ist die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspieler, z.B. die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 10.03.2021 - 11 K 3030/15 E,G wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

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